Hannover. Als „Mikro-Kirchentag“ unter dem Motto „Mutig – stark – beherzt, Wie soll das angesichts der inneren und äußeren Erschütterungen unserer Kirche gehen?“ hat jetzt der Generalkonvent des Sprengels Hannover stattgefunden. Kristin Jahn, Generalsekretärin des Kirchentages, war in der Epiphaniaskirche Hannover zu Gast und legte in ihrer Bibelarbeit zu Römer 8, 31-39 das Tagungsmotto aus.
Jahn sieht die Kirche durch dreifache Erschütterungen in einer Identitätskrise. Angesichts der jetzt publik gewordenen sexualisierten Gewalt durch kirchliche Mitarbeitende erlebe die Kirche einen Bedeutungsverlust und sei in eine Glaubens- und Glaubwürdigkeitskrise geraten. „Wir stehen in der Schuld, Betroffenen Antwort zu geben“, sagte die Theologin. Der Mitgliederschwund sei eine zweite Erschütterung, „wir sind keine Volkskirche mehr“. Weiter sei die Kirche kaum noch Kitt in einer sich zunehmend polarisierenden Gesellschaft. „Die Kirche möchte sich positionieren und Haltung zeigen und das zerreißt uns“, stellte Jahn fest. Bibelworte wie „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein“ verführten aus dem Zusammenhang gerissen zu Arroganz, Hybris und Machtmissbrauch.
Ebenso sei die Kirche durch ihr schon jahrhundertelanges Paktieren mit weltlichen Mächten in eine „Knechtschaft und Abhängigkeit geraten“, die „Missbrauch und das Schützen der eigenen Institution“ begünstige. Der Gedanke, dass die Kirche im Hinblick auf die sexualisierte Gewalt ihre Schuld selbst aufarbeiten könne, sei fatal, sagte die Generalsekretärin unter dem Applaus der rund 170 Anwesenden. „Diese Straftaten gehören vor weltliche Gerichte“, bekräftigte sie. Jahn plädierte für ein Miteinander in der Kirche, bei dem niemand über andere richtet, denn „theologisch sind wir Sünder und Gerechte“. Es sei, auch für sie persönlich, eine stete Lernaufgabe, sich nicht über den Nächsten zu stellen, sondern gemeinsam mit ihm vor Gott.