Wunstorf. Knapp 20 Jahre hat Oberkirchenrätin Andrea Furche das Kirchenamt Wunstorf geleitet. Am Sonnabend, 30. November, wird sie jetzt mit einem feierlichen Gottesdienst in der St.-Nikolai-Kirche in Rinteln in den Ruhestand verabschiedet. Die drei Superintendenten der Kirchenkreise Stolzenau-Loccum, Grafschaft Schaumburg, Neustadt-Wunstorf und die Nienburger Superintendentin gestalten den Gottesdienst, der um 15 Uhr beginnt.
Ein Kirchenamt zu leiten, das liegt für Andrea Furche „sozusagen in der Familie“. Ihr Vater leitete das Kirchenkreisamt Hameln und ihre Schwester übt die gleiche Funktion im Stader Amt aus. Als die Diplom-Verwaltungswirtin 1987 mit 26 Jahren die Führung des Kirchenkreisamtes in Osterholz-Scharmbeck übernahm, war sie die jüngste Amtsleiterin in der Landeskirche Hannovers. Als „gute Unterstützung“ empfand Furche es, dass ihr Vater in der Runde der Amtsleiter einige Jahre lang ihr Kollege war. „Bei meinem Amtsantritt war ich auch die einzige Frau, die ein Kirchenamt leitete“, erinnert sie sich. Fragen wie „Warum haben Sie keinen dienenden Beruf ergriffen wie zum Beispiel Krankenschwester?“ oder bei Begegnungen für die Sekretärin des Amtsleiters gehalten zu werden, waren damals nicht zu seltene Erlebnisse. „Hier hat sich viel geändert“, sagt die Oberkirchenrätin. „Inzwischen haben mehr Frauen Führungspositionen, nicht nur in der Kirche.“ Sicher auch dadurch habe sich eine weniger autoritäre Führungskultur entwickelt. Ein Leitungsstil, der ihr liegt. „Ich arbeite mit einem dreiköpfigen Leitungsteam und ohne meine Mitarbeitenden im Kirchenamt hätten wir alle Herausforderungen der letzten Jahre nicht meistern können“, sagt sie mit Bestimmtheit.
Ein Meilenstein war dabei für Furche die Fusion der Kirchenkreisämter in den vier Kirchenkreisen zu einem Amt in Wunstorf in den Jahren 2005 und 2010. Dort arbeiten jetzt rund 65 Angestellte, die Verwaltungshilfe für die Kirchengemeinden leisten. Immerhin haben die vier Kirchenkreise mit ihren 83 Gemeinden insgesamt etwa 125.000 Gemeindeglieder und 1500 Mitarbeitende, es gibt 33 Kindergärten, 75 Friedhöfe und einige Beratungsstellen. „Bei Kirche denkt man naturgemäß zuerst an Pastorinnen und Pastoren“, sagt Furche. Verwaltung geschehe eher hinter den Kulissen, sei aber „wie ein Motor, der das Ganze am Laufen hält“. Für sie ist Verwaltungsleitung ein Herzensjob, „es hat nur wenige Tage in meinen 44 Berufsjahren gegeben, an denen ich nicht mit Freude zur Arbeit gegangen bin“. Dass sie als Lebens- und Berufsmotto „Dienet dem Herrn mit Freuden“ nennt, liegt auch daran, dass „ich kirchennah aufgewachsen bin, Kirche gehörte bei uns in der Familie einfach dazu“. Dazu gehörten bei ihrer Tätigkeit häufig auch lange Arbeitstage und viele Abend- oder Wochenendtermine in den Kirchenkreisen. „Leitungstätigkeit in der Verwaltung muss man wollen“, kommentiert sie knapp.
Am meisten Spaß hat der scheidenden Amtsleiterin die Gremienarbeit gemacht. „Hier konnte ich begleitend Zukunft mitgestalten und Menschen beraten und unterstützen“, sagt sie. Besonders lagen ihr dabei die Ehrenamtlichen am Herzen, die in Kirchenkreissynoden und -ausschüssen sowie in Kirchenvorständen für die Kirche Verantwortung übernehmen. Auch hier gebe es eine interessante Entwicklung. „In den 80er und 90er Jahren waren Kirchenvorstände fast immer männlich besetzt, jetzt sind dort vor allem Frauen tätig“, hat sie beobachtet. Allerdings gelte immer noch, dass die höheren kirchlichen Hierarchieebenen männlich dominiert sind. „Es ist eben immer noch schwierig und meist die Sache der Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren“, sagt Furche, die als Alleinstehende dem Beruf oft den Vorzug geben konnte. Wichtig war der Amtsleiterin auch die Gemeinschaftsbildung im Kirchenamt. „Wenn ich vor Ort war, habe ich jeden Morgen meine Runde durchs Haus gemacht und alle namentlich begrüßt“, erzählt sie. Seit Corona sei allerdings auch im Kirchenamt Wunstorf vermehrt Homeoffice möglich, und „dadurch gibt es weniger persönliche Begegnung“. Doch dass gut die Hälfte der Mitarbeitenden auch per Zoom an der wöchentlich angebotenen Andacht teilnimmt, freut Furche.
Nach ihren langen Berufsjahren blickt die Amtsleiterin erwartungsvoll auf den Ruhestand, der „eine lange Auslandsreise, mehr Sport, mehr persönliche Zeit und später sicher auch nochmal ein gesellschaftliches Ehrenamt“ bringen wird. Ein Nachfolger für ihr Amt ist bereits bestimmt. Sven Heindorf, zurzeit noch Sozialdezernent bei der Stadt Barsinghausen, wird zum 1. Januar 2025 neuer Leiter des Kirchenamtes in Wunstorf.
Information: In dem Gottesdienst am 30. November in der Rintelner St.-Nikolai-Kirche um 15 Uhr predigt Superintendentin Christiane de Vos, Superintendent Rainer Müller-Jödicke entpflichtet Andrea Furche, Superintendent Christian Schefe gestaltet die Liturgie und der stellvertretende Superintendent Ingo Krause hält die Fürbitten. Musikalisch begleiten Kreiskantorin Daniela Brinkmann und Popkantor Marco Knichala den Gottesdienst, an den sich ein Empfang anschließt
Sabine Dörfel/Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Hannover