Ballhof Hannover

Gottesdienst als vielfältiger Experimentierraum

Nachricht 18. Juni 2022

Lektor*innen und Prädikant*innen im Sprengel Hannover tauschen sich zur Zukunft des Gottesdienstes aus

Hannover. Erstmals kamen am Freitag auf Einladung von Regionalbischöfin Dr. Petra Bahr Lektor*innen und Prädikant*innen aus dem Sprengel Hannover zu einem Konvent zusammen, um sich mit der Zukunft des Gottesdienstes auseinanderzusetzen. Im Zentrum des gegenseitigen Austauschs in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover stand der Impulsvortrag der evangelischen Theologin Dr. Julia Helmke. Nach Ansicht der früheren Generalsekretärin des Kirchentages sei gerade in den letzten Jahren neben traditionellen Formen ein Experimentierraum für Gottesdienste entstanden. Helmke leitet das Referat für Theologie, Gottesdienst und Kirchenmusik im hannoverschen Landeskirchenamt.

Gottesdienst: vielfältiger, aber nicht beliebig

„Gottesdienst ist vielfältiger geworden, da die Lebenswirklichkeiten von Menschen sich verändert haben, weil sich Bedürfnisse und Ansprüche verändert haben“, sagte die promovierte Pastorin vor rund 90 Zuhörenden. Ein „one fits all“ passe daher nicht zu einer überaus ausdifferenzierten Gesellschaft und Glaubenslandschaft. „Gottesdienst ist vielfältig, weil die Vielfältigkeit Gottes Raum erhalten will.“ Vielfalt sei jedoch nicht mit Beliebigkeit zu verwechseln. Um die Balance zwischen Tradition und Neuerungen müsse gerungen werden, so Helmke. Um aus der Vielfalt und Fülle der Begabungen zu schöpfen, brauche es Teamwork: „Meine Vision ist, dass Vorbereitung und Durchführung im Team geschieht“. Zudem geschehe Kirche nicht im luftleeren Raum. „Kirche ist Teil eines Sozialraumes, in dem Menschen in Gemeinschaft miteinander umgehen." Was die jeweilige Gemeinschaft brauche, müsse in die Gottesdienstgestaltung einfließen. Hier seien besonders die Lektor*innen und Prädikant*innen mit ihren unterschiedlichen beruflichen Kontexten gefragt, so Helmke. 

Sonntägliche Frontalbeglückung oder bewegliche Gemeinschaft?

Im anschließenden Talk berichteten ehrenamtliche Gottesdienstgestalter von ihren Erfahrungen. Der Arzt Dr. Franz Christian Jonas, Lektor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover, schätzt neben der fundierten Ausbildung die Gestaltungsfreiheit seines Ehrenamtes: „Wir dürfen sehr viel ausprobieren.“ Kirche müsse in Bewegung bleiben. „Die sonntägliche Frontalbeglückung auf harten Bänken hat keine Zukunft“, ist sich Jonas sicher. Wichtig sei die Gemeinschaft. 
Jurist Frank Seger berichtet von der großen Wertschätzung, die ihm in seinem Ehrenamt zuteilwird: „die Gemeinde trägt mich. Ich erfahre viel Resonanz.“ Der Ortsbürgermeister aus Lehrte ist als Lektor im Kirchenkreis Burgdorf aktiv. „Manchmal wünsche ich mir eine andere Sitzordnung in unseren Gottesdiensten. Nicht wie im Bus, wo alle nach vorne schauen und niemand mit dem Fahrer reden darf“, sagt Seger. 

Gemeinschaft als "drittes Sakrament"

In ihrer Predigt hob Regionalbischöfin Bahr hervor, wie wichtig der Austausch aller am Gottesdienst Beteiligten sei. Die Gemeinschaft sei, „wenn man so will, fast das dritte Sakrament“ neben Predigt und Abendmahl. Im wechselseitigen Gespräch und gegenseitigem Zuspruch lasse sich Gottes Zuwendung spüren. Pastorin Christine Behler, Sprengel-Beauftragte für Lektoren- und Prädikantenarbeit, führte als Moderatorin durch den Abend. Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgten Andreas Hülsemann und Chiara Bon. Gemeinsam mit Pastor Rainer Müller-Jödicke gestalteten die Prädikantinnen Dr. Johanna Gronau und Iris Schäfer den liturgischen Rahmen.

Infos zu Lektor*innen und Prädikant*innen im Sprengel Hannover

In den 210 Gemeinden im Sprengel Hannover, der die Region Hannover, die Grafschaft Schaumburg und den Landkreis Nienburg umfasst, gestalten rund 400 Lektor*innen und Prädikant*innen eigenverantwortlich Gottesdienste und halten Predigten. Im Vergleich dazu gehören rund 440 Pastor*innen zum hannoverschen Kirchensprengel. Prädikant*innen dürfen Abendmahlsfeiern leiten und können nach seelsorglicher Zusatzqualifikation ebenso Bestattungen gestalten. 

„Sie sind nicht nur sonntags auf der Kanzel, sondern auch im Krankenhaus oder Altenheimen unterwegs, bei Gottesdiensten zu Einschulungen, Schützenfesten und anderen Feiern“, hebt Pastorin Behler die Bedeutung der ehrenamtlich Engagierten hervor. „Für die Ausbildung interessieren sich Ehrenamtliche ebenso wie kirchliche Mitarbeitende“, so Behler, die seit einem Jahr die Begleitung und Fortbildung ehrenamtlicher Prediger*innen im Sprengel koordiniert.

Öffentlichkeitsarbeit Sprengel Hannover - Fabian Gartmann (Text & Fotos)

Presse- & Öffentlichkeitsarbeit