Hannover. "Eine Predigt ist immer politisch“, sagte Pastorin Kathrin Oxen jetzt beim Sprengel-Konvent der LektorInnen und PrädikantInnen in der Neustädter Hof- und Stadtkirche Hannover. Selbst das Ausklammern weltlicher Themen aus der Predigt transportiere eine implizite politische Stellungnahme, betonte die Pastorin der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in ihrem Vortrag „Die Stimme der Wahrheit“ – politisch predigen heute". Sie ermutigte die Ehrenamtlichen, die „unabhängiger als kirchliche Amtsträger“ seien, diese Freiheit in ihren Predigten zu nutzen.
Politische Predigten seien in den 80er Jahren in Verruf gekommen, räumte Oxen ein, da sie häufig eine zu enge politische Agenda vermittelt und „gesetzliche Forderungen“ aufgestellt hätten. Vorbildhaft und prägend nannte sie dagegen die berühmte Predigt Martin Luther Kings „I have a dream“, da diese Visionen aufgezeigt und etwas bewirkt habe. Vor dem Hintergrund, dass es niemals die Entscheidung gebe, „ob man politisch predigt, sondern nur wie dies geschieht“, formulierte die Pfarrerin Leitlinien einer politisch wirksamen Predigt. „Wenn eine Predigt ethische Forderungen enthält, sollten diese erfüllbar und in ihren Konsequenzen durchdacht sein“, sagte sie.
Oxen riet auch dazu, die eigene Person mit in den Bezugsrahmen solcher Forderungen zu stellen. „Forderungen an andere zu stellen und über Menschen zu wettern, die nicht im Gottesdienst anwesend sind, ist billig“, bemerkte sie. „Unsere persönliche Glaubwürdigkeit ist gerade angesichts der Krise in der Kirche das Kostbarste, was wir haben.“ Die Gemeinde messe Predigende an ihren Aussagen. Sie ermutigte die PrädikantInnen deshalb, „auch von sich zu sprechen, von eigenen Zweifeln, Grenzen und Unsicherheiten“. Dies erfordere jedoch auch eine ehrliche und häufig auch anstrengende Beschäftigung mit den eigenen Standpunkten und der eigenen Person.